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Im Jahre 1027 wurde Bernulphus oder Bernold (1027-1054) von Kaiser
Konrad II. zum Bischof von Utrecht ernannt. Während seines Episkopates setzte
er sich für grundlegende Reformen der Kirche ein. Zu diesen gehörte u.a. auch
sein Kirchenbauprogramm. Er ließ in Utrecht die Kirchen St. Peter, St. Jan und
St. Paul, in Deventer St. Lebuinus und in Emmerich St. Martini bauen. Diese
Bernold-Kirchen haben, bis auf St. Paul, bis heute die Zeiten überdauert, wenn
sie auch in ihrem ursprünglichen Zustand nicht mehr bzw. nur noch teilweise
erhalten sind. Von St. Peter wird der 1. Mai 1048 als Weihetag angenommen.
Stilvergleiche in baugeschichtlicher Hinsicht lassen zu den anderen Kirchen
entsprechende Zeitbestimmungen zu. Mit dem Bau der Martini-Kirche könnte man um
das Jahr 1040 begonnen haben. Die Konzeption des Grundrisses war ein Kreuz, das
durch Hochchor, Längsschiff und Querhaus gebildet wurde. An die beiden Seiten
des Längsschiffes lehnte sich je ein Seitenschiff mit den entsprechenden Seitenchören. Unter dem Hochchor lag die Krypta, die von den
Seitenchören her zugänglich war. Das Längsschiff hatte wahrscheinlich acht oder
neun Joche. Das Westwerk fand durch zwei Türme seinen Abschluss. Die Schiffe
waren mit einer Flachdecke versehen. Gewölbt waren nur die Krypta und die Chorabschlüsse.
Der Hochchor hatte außen einen fünfseitigen Abschluss, während er innen
gerundet war. Als vergleichende Vorbilder dürfen hier wohl Gebäude und Kirchen
in Ravenna gedient haben. Nach A.J.J. Mekking ist dieses System bei den
Bernold-Kirchen wohl erstmalig nördlich der Alpen praktiziert worden, wohl
letztlich auf Veranlassung des Kaisers, der hiermit seine Macht symbolisieren
und verdeutlichen wollte.
Krypta, Hochchor und Vierung sind, bis auf den
Südwestpfeiler, noch aus dieser Zeit vorhanden. Der Grundriss lässt
diese romanischen Strukturen deutlich erkennen. Der romanische Baukörper ist
außen mit einem Tuffmauerwerk versehen, wogegen der gotische Teil mit einem
Ziegelmauerwerk verblendet ist. Als die Kirche gebaut wurde, floss der Rhein
nicht direkt an der Martini-Kirche vorbei. Vermutlich verlagerte er 1237/38
sein Bett nach Osten hin, unterspülte die Fundamente und riss einen Großteil
der Kirche nieder. Es musste eine neue architektonische Lösung gefunden werden,
die den neuentstandenen örtlichen Verhältnissen entsprach. Der Giebel des
südlichen Querhauses wurde zurückversetzt. In ihm befindet sich noch heute das
spätromanische Mauerwerk. Das Längsschiff wurde verkleinert. Den heutigen
Westgiebel gestaltete Waldemar Kuhn im Jahre 1964 neu. Wohl im 15. Jh.
errichtete man den sogenannten Eisbrecher, der das Gebäude vor Eisgang und
Hochwasser schützen sollte. Zu Beginn des 15. Jh. verlangten die Verhältnisse
eine Vergrößerung der Kirchenräume. Da der Rhein nach Westen hin eine
natürliche Grenze bot und eine Ausweitung in diese Richtung nicht zuließ,
erbaute man im Norden, vor 1435, einen mächtigen Kirchturm, der einen
ungewöhnlichen Standort für eine spätmittelalterliche Kirche hat. Um die so
entstandene Lücke zwischen dem neuen Kirchturm und der Giebelwand des
nördlichen, romanischen Querhauses zu schließen, durchbrach man dieses und
verlängerte es bis zum Turm. Es entstand somit das gotische Langhaus. Ende des
15. Jh. fügte man nach Westen hin an den neuentstandenen Baukörper ein
Seitenschiff an. Bis auf wenige Änderungen war damit der Bauzustand, so wie er
sich uns heute darstellt, erreicht.
Im Jahre 1486
wurde das von Propst Moritz von Spiegelberg gestiftete Chorgestühl aufgestellt.
Bei dieser Gelegenheit muss der ganze Hochchor umgestaltet worden sein. Die
romanischen Rundnischen wichen einer rechteckigen Nische, die das Chorgestühl
aufnahm. Um 1520 gehörten zur Kirche noch drei Kapellen: östlich des Turmes die
Marienkapelle „super ossa mortuorum" - über
den Gebeinen der Toten. Im Keller dieser Kapelle befand sich ein Beinhaus für
den daneben liegenden, nach Osten ausgerichteten Friedhof, darüber die
eigentliche Kapelle. Ihre Fundamentumrisse sind heute in der Pflasterung des
Kirchplatzes sichtbar gemacht. Westlich des Turmes lag die Georgs-Kapelle und
neben dem nördlichen Seitenchor die Matthias-Kapelle aus dem Jahre 1517, von
der außen noch Reste sichtbar sind. Auf den Bildern von Jan de Beyer (um 1735)
sind die östlichen Kapellen noch zu erkennen. Den Innenraum der Kirche durchzog
ein Lettner, der den Klerikerchor von der Volkskirche trennte. Einen Eindruck
der seinerzeitigen Inneneinrichtung der Kirche mit dem Lettner vermitteln uns
wiederum die Bilder von Jan de Beyer aus dem 18. Jh. Der Lettner stammte
vermutlich aus der Zeit um 1480-1490 und wurde wohl im 19. Jh. abgebrochen.
Seine Säulenbasen sind noch vorhanden.
Um 1550 wurde der Südgiebel
umgestaltet. Um dem bis dahin sehr dunklen Hochchor eine größere Helligkeit zu
geben, brach man im 17. Jh. in die Außenwände drei gotische Fenster ein. Zu dieser
Zeit wurde die Kirche von der reformierten Gemeinde genutzt. Um der immer
wieder auftretenden Problematik des Rheinhochwassers zu begegnen, erhöhte man
während des 19. Jh. den Fußboden um mehr als einen Meter. Hierdurch wurden die
proportionalen Maßverhältnisse des Bauwerkes durcheinandergebracht.
Wohl
schon im 15. Jh. hatte man zunächst den nördlichen Seitenchor in zwei Etagen
unterteilt. Der gleiche architektonische Eingriff erfolgte während des 19. Jh.
am südlichen Seitenchor, in dessen oberem Teil eine Sakristei eingerichtet
wurde.
Die in den Jahren
1936-1939 an der Kirche vorgenommenen Bauuntersuchungen und Sicherungsmaßnahmen
endeten mit Beginn des Zweiten Weltkrieges. Am 7. Oktober 1944 wurde die Kirche
durch Brandbomben zerstört und brannte aus. Nur die Sakristei blieb verschont.
Durch anschließende Beschießung vom gegenüberliegenden Rheinufer wurden die
noch erhaltenen Gebäudereste so schwer beschädigt, dass die Gewölbe und der
Turm einstürzten.
Nach dem Krieg begann
man unter Pfarrer Wilhelm Bündgens und unter der Federführung des Architekten
Paul-Maria van Aaken mit dem Wiederaufbau des Gotteshauses, der sich bis 1966
hinzog. Da während der ersten Wiederaufbauphase nach dem Krieg manche Belange,
wie bestimmte Baumaterialien und denkmalpflegerische Gesichtspunkte, nicht
genügend berücksichtigt werden konnten, erfolgte ab 1975 eine erneute
gründliche Restaurierung, für die die Architekten Dipl.-Ing. Alo Terhoeven und
später Dr. Helmut Flintrop die Verantwortung übernahmen. Die romanische
Baukonzeption des 11. Jh. wurde, soweit möglich, wieder sichtbar gemacht. Der
Fußboden erhielt seine ursprüngliche Höhe zurück und die gotischen Gewölbe
wurden wieder eingebaut. Mit der Altarweihe am 16. September 1989 fanden diese
Restaurierungs- und Wiederaufbauarbeiten einen gewissen Abschluss.